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Ausstellung „Tracé à chaud – Heiße Spur“
in der Galerie Neuheisel, Saarbrücken
Finissage am 07.07.2018

Text: Dr. Irene Ötzbek

 

 

Liebe Gäste! Liebe Freunde!

Liebe rotarische Freunde,

Liebe Magdalena Grandmontagne,

 

auch ich begrüße Sie ganz herzlich zu dieser Ausstellung mit dem spannenden Namen.

Tracé à chaud…….heiße Spur ……. Sie haben sich sicherlich schon umgeschaut und sind neugierig, was es mit dieser heißen Spur auf sich hat.

Natürlich: Es geht –worum es bei einer heißen Spur immer geht, ….es geht um ein Geheimnis.

Ein Geheimnis, dem auch wir auf die Spur kommen wollen. Magdalena Grandmontagne, unsere rotarische Freundin vom RC Merzig-Saarlouis und seit Langem deutsch-französische Grenzgängerin, hat diese Spur aufgenommen, Hier zunächst einige Eckdaten zum Leben der Künstlerin:

 

Magdalena Grandmontagne ist aufgewachsen in Dillingen im Saarland. Von 1970 bis 75 hat sie in Frankreich Kunst studiert, und zwar  an der «Ecole Nationale des Arts Décoratifs» in Nizza.

 

Begeistert von der südlichen Atmosphäre, dem Licht der Cote d’Azur und der Provence ist die Künstlerin lange Jahre in Südfrankreich geblieben, hat nach ihrem Diplome National des Beaux Arts, also ihrem nationalen Diplom der Schönen Künste, eine Akademie der Gravuren in Cabris bei Grasse, der berühmten Stadt des Parfums, gegründet. Dort hat sie als Dozentin mit Schwerpunkt auf die Themen Gravur, Radierung, Malerei unterrichtet und mit der ihr eigenen Intensität ihre Kunst weiterentwickelt.

 

In den Jahren 1984 bis 1999 ist sie zwischen der neuen und der alten Heimat gependelt, um dann 1999  in unsere Region, und zwar ins benachbarte Lothringen, zurück zu kehren. Wieso, hat mein Mann gefragt, nun der Liebe wegen……Sie gründete in einem alten Bauernhaus in Beckerholz ein Atelier , das sie und ihr Mann Matthias Schelden seitdem in ein kleines Paradies von Kunst und Natur verwandelt haben.

 

In zahlreichen (23!)  Ausstellungen in Frankreich und Deutschland hat sie ihre Arbeiten präsentiert.

 

Und hier haben sich auch unsere Wege erstmals gekreuzt. Nennen möchte ich beispielhaft die Ausstellungen der letzten Jahre, bei denen sich auch unsere Wege gekreuzt haben, Elan Vital im HerzZentrum Saar in Völklingen, Palimpsest  im Saarländischen Landtag und ihre Ausstellung 2016 im Alten Schloss Dillingen.)


Was mich damals wie heute ungemein beeindruckt, sind die ungewöhnlichen Materialien, aus denen Magdalena Grandmontagnes Kunstwerke erwachsen, der Entstehungsprozess als solcher und die Konzentration auf die Ideen dahinter….auf das, was das Geheimnis ist. 

 

 

Über Jahre arbeitete die Künstlerin

 bevorzugt mit Blei….ja, sie haben richtig gehört,

mit dem Metall Blei!

 

 

Nicht mit kleinen Bleistücken arbeitete sie, sondern mit großen,  bleischweren Platten, die von ihr bearbeitet, geschnitten, gehämmert, gefaltet, ja sogar eingegraben, der Sonne, dem Regen, der Erde ausgesetzt wurden, um dann im künstlerischen Prozess Ausgangspunkt von außergewöhnlichen Kunstwerken zu werden.

 

Mit ungeheuer viel Kraft und Energie und Unermüdlichkeit ist sie diesem Element begegnet  ....... hat seiner bleiernen Schwere nachgespürt.... seine Biegsamkeit und Formbarkeit ausgelotet.........   So hat sie aus dem Blei das graue Alter der Erde freigesetzt und den Betrachtern eine Ahnung von Tiefe und Ursprung des Kosmos gegeben.


Warum erwähne ich das Blei?
Ich erwähne das Blei, weil uns hier Entscheidendes begegnet, das auch in der heutigen Ausstellung die besondere Rolle spielt:  – es sind die Spuren. Ein Kernthema der Künstlerin. Denn das Blei nimmt als weiches Material  Spuren auf, konserviert sie, bildet sie ab,  Es sind Spuren, die eine Geschichte erzählen, eine Geschichte von Begegnungen und Beziehungen, von Erlebtem und Erlittenem, Spuren, die im kreativen Prozess, Spuren, die im Leben anfallen, alles sind Spuren des Lebens selbst.

 

Durch ein gemeinsames Engagement für junge Künstler aus Syrien verbunden, habe ich Magdalena Grandmontagne in den letzten beiden Jahren mehrfach in ihrem Atelier in Beckerholz besucht und dabei neue Kunstwerke entstehen sehen. Mit Überraschung habe ich festgestellt: Magdalena Grandmontagne hat die schwere kalte Bleispur, der sie viele Jahre gefolgt ist, verlassen.

 

Hören wir die Künstlerin.
"Es war an einem warmen sonnigen Sommertag, als Matthias mit seiner ersten Honigernte kam und mir die Waben brachte. In einem warmen Gefäß reichte er mir geschmolzenes Bienenwabenwachs…..kannst du etwas damit anfangen? Butterweiches Wachs – da wusste ich – das will ich. Ich nahm eine neue Spur auf, diesmal eine heiße Spur.“

 

Diese heiße Spur, der wir heute folgen, heißt Enkaustik. Enkaustik ist eine uralte Kunsttechnik, die uns bereits in der Antike begegnet und die die Künstlerin uns im Anschluss vorstellen wird. In einem besonderen Prozess, den die Künstlerin für ihre Werke neu entwickelt hat, wird das Bienenwachs verarbeitet, mit Farben gemischt, aufgetragen. Alle Werke, die Sie heute hier sehen, sind in dieser Technik der Enkaustik hergestellt. Magdalena und ich haben viel darüber gesprochen, warum und wie sie sich -wie zuvor beim Blei- nach und nach in das Material Bienenwachs vertieft und es in verschiedensten Techniken ausgelotet hat.

 

Hören wir nochmals die Künstlerin:

"Da war auf einmal Neugier, Freude, Aufregung. Ja, ein neues Material, ein unbekanntes Material.
Ich spürte Entdeckergeist in mir, nach dem zu suchen, was hinter der äußeren Erscheinung des Materials verborgen ist, wie es sich organisiert, aus welchen kleinsten Teilen es besteht, wie diese wachsen, sich bewegen, Form bilden, sich verändern, sich trotzdem bewahren: Die Eigenschaften des Wachses wollte ich ergründen, seiner ihm innewohnenden Lebendigkeit nachspüren, sie evozieren, sie transformieren, sie künstlerisch neu schöpfen.

 

 

"Ja, ich wollte dem Wachs sein Mysterium entlocken!"

 

 

Auf den ersten Blick hat Wachs viel Ähnlichkeit mit Blei, es ist weich, formbar, plastisch, nimmt Spuren auf, es ist glatt und wie das Blei dumpf glänzend - und doch ist es ganz, ganz anders. Allein die Farbe bringt Wechsel: den Wechsel vom Grauschwarz des Bleis zur Creme- bis Goldfarbe des Wachses. Vom Dunklen zum Hellen, vom Abschirmen des Lichtes zur Transparenz, von der metallenen Schwere zur heiteren Leichtigkeit, vom elementaren Alter zur jugendlichen Geschmeidigkeit, von der Unvergänglichkeit zur Vergänglichkeit."

 

Mit neuem Elan Vital hat Magdalena Grandmontagne die Herausforderung angenommen: entstanden sind sieben große Werkgruppen, die heute hier in ausgewählten Kunstwerken gezeigt werden. Im Folgenden möchte ich Ihnen diese Bildserien vorstellen. Je nach ihrem Durchhaltevermögen 4 oder 5 oder alle sieben. Dabei steht jeweils die Frage im Vordergrund, welche Spur Magdalena Grandmontagne mit dieser Bildserie aufgenommen hat und welchem Geheimnis des Wachses sie dabei nahe gekommen ist.

 

Schauen wir als erstes die Serie der Couleur à Nu an, der bloßen Farben, die vorne im Eingangsbereich in der sogenannten Petersburger Hängung unvergleichlich schön präsentiert sind.

 

COULEUR À NU, die bloße Farbe
Farben haben Wirkungen auf den Menschen, unterschwellige, starke Wirkungen. Man spricht von der Psychologie der Farben. Es geht um Assoziation von Stimmungen, Gefühlen, Emotionen.

 

Rot alarmiert, schaltet uns auf Angriff, Aggression, Blau kühlt und beruhigt, lässt den logischen Verstand in den Vordergrund treten, Grün regt Gelassenheit, Entspannung an, Gelb macht freundlich, heiter, lässt uns lächeln. Farben und ihre Wirkungen haben auch ein Gedächtnis, ein langes Gedächtnis. Sie evozieren Erinnerungen an Situationen, Gefühle, an sehr persönliche Geschichten.

 

In einem Prozess des langsamen Erhitzens und Abkühlens und wieder Erhitzens, in einem Prozess äußerster Zeitintensivität hat Magdalena Grandmontagne bei der Bildserie Couleurs à nu über einen starken, ja manchmal grell schrillen farbigen Bilduntergrund viele Wachsschichten nach und nach aufgetragen und aufs innigste miteinander verschmolzen.

 

So hat sie einen zarten, weich schimmernden wächsernen Schmelz entstehen lassen, einen transparenten Schleier, der das Harte, Schrille, Grelle an der Basis abdämpft und milde macht, gleichzeitig aber die Farben leuchten lässt und Frische und Lebendigkeit vermittelt.

 

Couleur à nu, die bloße Farbe, ist mit ihren in langen Stunden gewachsenen Wachsschichten ein Sinnbild dafür, wie sich die Zeit schützend über die harte Realität, die nackte Wahrheit, die schönen und schmerzenden Erinnerungen, die tiefen und starken Emotionen legt und dabei mit wächserner, wahrhaft zärtlicher Transparenz alles Harte und Schrille verwandelt, es in Milde und Heiterkeit transformiert. Jeder einzelne Betrachter ist angesprochen, wenn die Künstlerin auffordert:

 

„Lassen Sie die Farbe auf sich wirken, geben Sie dem Raum, was die Couleur à nu, die bloße Farbe in Ihnen persönlich bewirkt, erinnern Sie sich, ……vielleicht ist es eine einzigartige Geschichte, eine innere Freude, vielleicht ist es ein Lächeln, eine leise Ahnung um Zusammenhänge, eine leuchtende Spur aus einer ungeahnten Tiefe.“

 

Das Geheimnis der bloßen Farbe:
TRANSFORMATION DURCH TRANSPARENZ UND MILDE | ES GIBT EIN LEUCHTEN AUS DER TIEFE, DAS ERLEUCHTET | HOT CUTS, die heißen Kerben

 

 

„Es ist die Bienenwabe,

die mir die Inspiration für die Hot Cuts,

die heißen Kerben gegeben hat.“

 

 

 

Von ihrer biologischen Funktion her betrachtet, ist die Bienenwabe mit ihren geometrisch exakten Zellen ein einzigartiges unvergleichlich gut organisiertes Kinderzimmer. Für jedes einzelne Kind der großen Familie des Bienenvolkes wird hier eine wächserne Wiege bereitgestellt.

 

Unter fürsorglichster Pflege und bester Ernährung wird die Nachkommenschaft herangezogen. Da ist nichts Hartes. Nichts Raues was an die kleinen heranwachsenden Organismen herankommt. Sie, die Kleinsten und Verletzlichsten, die Zukunft des Bienenvolkes sind im Wachs in unnachahmlicher Weise wunderbar gebettet. Hier ist es warm und wohlig und weich, alles ist glatt und geschmeidig. Hier können die kleinen Bienchen wachsen und sich entwickeln, können sich je nach Nahrung zur Arbeiterin, Drohne oder Bienenkönigin wandeln.

 

Magdalena Grandmontagne:
„Daran knüpfe ich an. Inspiriert durch die Wabenzellen schaffe ich bei den Hot Cuts Lücken. Es sind die Lücken, die Vertiefungen, die kleine Schutzräume erzeugen, kleine Behältnisse, die etwas aufnehmen und empfangen können. Die Lücken bilden wächserne Inkubatoren. In ihnen sind wesenhaft optimale Bedingungen für das Leben garantiert: In der Wärme, Zärtlichkeit, Weichheit und Formbarkeit des Wachses liegen die Schlüssel für Wachstum, Weiterentwicklung, für Evolution und Transformation, für die Weitergabe des Lebens selbst. Da ist sie….eine weitere heiße Spur bei der Suche nach dem Mysterium des Wachses.“

 

Das Geheimnis der Hot Cuts:
KEINE LÜCKEN DER NATUR BLEIBT UNGENUTZT.
WACHSTUM und LEBEN GEDEIHEN IM SCHUTZ DER KLEINEN RÄUME
EVOKATION DES LEBENDIGEN DURCH DIE KÜNSTLERISCHE NEUSCHÖPFUNG
INCLUSIONS- die Einschlüsse

 

In weichem Wachs lässt sich auch etwas versenken, Farben, Pigmente, Kristalle, Kreiden, Champagnerkreide. Was einsinkt, wird ganz und gar umflossen, wird umschlossen und zurückbehalten in einem zunächst flüssigen, dann sich nach und nach verfestigenden Medium. So kann etwas verborgen werden, gebrauchen wir den Begriff ruhig nochmals….ein Geheimnis. Und noch ein Zweites: Mit dem Medium bildet das darin Versenkte auch etwas völlig Neues, ein neues Material.

 

Schauen Sie mit mir die Bildserie Inclusions an: Sehen Sie noch Wachs? Oder muten die Kunstwerke nicht wie Aus- bzw. Rückblicke in die Erdgeschichte an? Man kann den Eindruck gewinnen, einem geologischen Prozess beizuwohnen oder besser noch sein Resultat zu bestaunen. Da sind Gesteine, Komposite, Granite im Bild. Rosenquarz, Onyx und Lapislazuli breiten ihre Kostbarkeit vor unseren Blicken aus.

 

Die Künstlerin:

"Spur hat ganz viel mit Spüren zu tun. Mit Offenheit, mit Bewusstheit und mit Sensibilität spüre ich in das Material, in das Wachs, in das Wachs mit allen seinen Einschlüssen und versunkenen Schätzen. Ich nehme die Spur auf, die die Natur mir weist.

 

Dabei will ich der Natur ganz nahe kommen, will ihre Strukturen, ihre Muster, ihre Prozesse, ihre Schatzkammern erforschen, will ihre unglaubliche Kreativität und Schönheit ergründen und sie durch und durch verstehen.

 

Und dann will ich es im künstlerischen Handeln nachvollziehen. Ich will die Muster aufnehmen und sie weiter entwickeln. Dabei gibt es für mich keinen Eingriff gegen das natürliche Material. Der Zufall darf sein, aber ich will ihn lenken können.

 

Das Geheimnis der Inclusions: DIE NATUR VERSTEHEN UND NACHVOLLZIEHEN, IHRE MUSTER UND PROZESSE WEITERENTWICKELN

 

PALIMPSEST…die alten Spuren aus langer Vorzeit

 

Ein Palimpsest ist ein Manuskript, in der Regel geschrieben auf Pergament oder Papyrus, dessen ursprünglicher Text abgeschabt wurde, um Platz für einen neuen zu schaffen. Man hat das Palimpsestieren in der Antike und im Mittelalter häufig angewendet, allein schon deshalb, weil Pergament und Papyrus kostbar und rar waren.

 

 

Die Künstlerin greift das Thema Palimpsest in verschiedensten Materialien immer wieder auf, auf der Leinwand, im Blei und jetzt im Wachs, Palimpsest ist ein Kernthema ihrer Arbeit. Sie sagt: „Alles verwandelt sich ständig, aber nichts geht völlig verloren. Das neue legt sich über das alte, das veraltete, das, was scheinbar uninteressant und nutzlos geworden ist und deshalb abgeschabt wurde. Das Neue verdeckt so die Spuren des Alten. Aber bei genauem Hinsehen, mit der Lupe, vielleicht erst unter dem Mikroskop, bei der Fluoreszenzfotographie, der Röntgen- oder Strukturanalyse kann man den Subtext entdecken. Immer bleibt etwas zurück, ein Hauch Farbe, ein Buchstabe, ein Punkt, eine ungewöhnliche Erhebung, eine Restspur. Auf dem Papyrus entdeckt man noch den alten biblischen Text, im menschlichen Genom findet man noch biologische Textspuren des Neandertalers, des Fadenwurms, der Hefe, in der Gesteinstextur die Geschichte der Erde. Und erhält so eine Ahnung von den Geschichten hinter der Geschichte, von den Zeiten jenseits der Zeiten."

 

 

Das Geheimnis des Palimpsestes:

VERSTEHEN; WER WIR SIND UND WOHER WIR KOMMEN

 

 

PERLES….die PERLEN
Wenn sich zwei dünne Wachsstriche kreuzen und überlagern, dann addieren sich minimale Unterschiede und es entstehen an den Kreuzungsstellen kleine Wachspunkte. Das sind die Perlen dieser Ausstellung.

 

Hören wir Petrarca zum Imitatio-Prinzip:
„Es gilt, die Bienen nachzuahmen, die die Blumen nicht so heimtragen, wie sie sie vorgefunden haben, sondern durch eine wundertätige Vermischung Wachs, Waben und Honig zustande bringen. Den Bienen kommt kein anderer Ruhm zu, als dass sie das vorgefundene in etwas anderes und Besseres verwandeln.“

 

So wie die Bienen den Blütennektar verwandeln, so verwandelt die Künstlerin das Wachs in Perlen.

 

Schauen wir die Perlen an:
Sehen die Wachspunkte nicht wie kleine Wesen aus, die aus dem Untergrund wachsen, wie kleine lustige Pilze in fröhlicher Farbigkeit und quirliger Lebendigkeit.

 

Oder sind sie nicht doch eher einer nächtlichen Aufnahme aus der Internationalen Raumstation anverwandelt, einem Foto aus der Erdumlaufbahn, und zeigen uns beleuchtete Dörfer und Städte, Leuchtspuren von Festen, Hochzeiten, Taufen, Leuchtspuren geschäftigen Lebens?

 

Oder sind sie vielleicht Sterne am tiefblauen bis nachtschwarzen Himmel, Licht aus den Tiefen des Kosmos, die im kosmischen Ballett tanzen?

 

Jeder/Jede von Ihnen wird seine/ ihre eigene Antwort finden.

Für die Künstlerin ist die Essenz der Perlen: Die Beschäftigung mit Materialstrukturen und Materialveränderungen des Wachses führt mich zu den Korrespondenzen zwischen Detailaufnahmen aus dem Mikrokosmos und Übersichtsdarstellungen aus dem Makrokosmos, zu Weltkarten oder sogar komischen Bildern.

 

Das Geheimnis der Perlen: MIKRO- UND MAKROKOSMOS FALLEN ZUSAMMEN; WERDEN EINS

 

COTES, DIE KÜSTEN.....
Drei Arbeiten stechen durch ihre großen Formate aus den Kunstwerken heraus: das sind die COTES, die Küsten: Es sind drei monochrome Arbeiten mit je zwei unterschiedlich großen, im gerade Schnitt voneinander getrennten Flächen, die eine mit spiegelnd glatter , die andere mit rau bewegter Oberfläche. Es sieht so einfach und selbstverständlich aus, aber technisch sind diese Arbeiten die anspruchsvollsten der ganzen Ausstellung. In sie ist all das Wissen eingeflossen, das die Künstlerin beim Arbeiten mit dem Wachs über lange Monate erworben hat.

 

Hören wir dazu die Künstlerin:
"Ich musste das Wachs erst nach und nach kennenlernen, um mich dann an die großen Formate zu wagen. Die Materialeigenschaften des Wachses spielen die entscheidende Rolle, um die großen Formate technisch zu bewältigen. Besonders hervorheben möchte ich seine Beschaffenheit als flüssige Malfarbe, die sich innerhalb von Sekunden von dünnflüssig in fest verändert. Ich lernte, wie sich dabei die Zeit verdichtet, sich konzentriert. Und dass die einzige Konstante in diesem Prozess die stetige Verwandlung ist."

 

Uns präsentieren sich drei Varianten dieser künstlerischen Annäherung an das Material, seinen Aggregatzustand und die Zeit. Sehr abstrakt, sehr konzentriert und reduziert im Bildaufbau variieren sie das Thema, den Übergang zwischen flüssig und fest, den Punkt der Verwandlung, die Grenzlinie, die Küste. Sie sehen hier die Alabasterküste, die Bernsteinküste, die Elfenbeinküste. Cote d’abatre, cote d’ ambre jaune, cote d’ivoire. Welche Kostbarkeiten: Alabaster, Bernstein, Elfenbein! Solche Kostbarkeiten machen hellhörig dafür, dass hier etwas Außergewöhnliches stattfindet: Sie machen sensibel für den Zauber und die Magie des Augenblicks der Verwandlung. Sie sensibilisieren den Betrachter für einen Grenzübertritt, einen Grenzübertritt zu einer neuen Dimension.

 

Magdalena Grandmontagne sagt es so:

 

 

"Intelligenz wohnt in allen Dingen.

Wenn man sich mit den Dingen beschäftigt,

kommt man ganz nah an das Zentrum,

an das Heilige..."

 

 

Das Geheimnis der COTES: ES ERÖFFNET SICH EIN NEUER RAUM; DER RAUM DER EHRFURCHT: TRACÈ À CHAUD - HEIßE SPUR

 

Kann es weitergehen, über die Cotes und den Raum der Ehrfurcht hinaus? Ja, es kann weitergehen Die letzten vier Kunstwerke, die den Namen der Ausstellung tragen, repräsentieren diese Fortsetzung des Weges: Das kleine Format, die Quintessenz. Auf weißem Grund schwarze breite Pinselstriche. Weiß und schwarz, der maximale Kontrast. Die Pinselstriche - sehr entschieden, sehr klar. Es gibt nichts Überflüssiges. Nur das Wesentliche. Welch eine starke Geste!

 

Es ist die Geste einer Künstlerin, die in die Tiefe gegangen ist, um das Material Wachs zu ergründen, seine Materialeigenschaften, seine innerste Natur, seine subtilsten Geheimnisse. In dieser authentischen Geste der Künstlerin ist alles repräsentiert: ihr kraftvoller Elan, ihre Neugier, ihr Staunen im Erkennen, das Leuchten Ihrer Augen im vagen Moment des Verstehens, das Glück, das aus diesem tiefen Erlebnis, aus dieser tiefen Erkenntnis entspringt.

 

Das Geheimnis der Tracé à chaud: HANDELN AUS DER TIEFE: DAS ENDE DES WEGS IST ERST DER ANFANG.

 

Wir sind der Künstlerin auf ihrer Spurensuche gefolgt. Auf der heißen Spur des Wachses. Wir haben einen kleinen Blick auf das Universum des Wachses werfen dürfen. Wir haben dabei eine Ahnung davon bekommen, welche Geheimnisse im Wachs wohnen und wie sie künstlerisch fruchtbar werden können.

 

Zum Schluss soll die Dankbarkeit stehen.
Mein Dank gebührt zu allererst den Bienen oder soll ich sagen dem BIEN, diesem intelligenten Superorganismus, und seinem Geschenk, dem Wachs. Es hat uns heute demütig werden lassen.

 

Mein Dank –und ich glaube, ich kann für alle, die gekommen sind, sprechen, unser Dank gilt der Künstlerin Magdalena Grandmontagne für ihre großartigen künstlerischen Neuschöpfungen, für die Schönheit Ihrer Werke, für die Denkanstöße.

 

Liebe Gäste, liebe Freunde, ist sie nicht wahrhaft eine Meisterin des Wachses? Ja, sie ist es!

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.